Natur- und Artenschutz-Gesetzgebung in Deutschland


Text © Maik Hausotte und Christoph Benisch, 2009–2010, 2012, 2015, 2017




1.   Zusammenfassung

Natur- und Artenschutz sind in Deutschland im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und in der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) rechtsverbindlich geregelt. Demnach ist die Entnahme gesetzlich besonders geschützter Arten sowie die Entnahme aller Arten aus Naturschutzgebieten ohne behördliche Genehmigung verboten. Bei den Käfern (Coleoptera) stehen unter anderem die Arten folgender Familien/Gattungen unter besonderem gesetzlichen Schutz (jeweils mit wenigen Ausnahmen): Prachtkäfer (Buprestidae), Bockkäfer (Cerambycidae), Ölkäfer (Gattung Meloe), Schröter (Lucanidae), sowie Laufkäfer der Gattung Carabus. Darüber hinaus stehen weitere Arten unter besonderem oder zusätzlich unter strengen Schutz, z. B. Cerambyx cerdo, Cucujus cinnaberinus, Dytiscus latissimus, Osmoderma eremita, Rosalia alpina und andere.


2.   Einführung

Carabus irregularis, Gnorimus variabilis, Clerus mutillarius, Meloe rugosus Ab den 1970er-Jahren entwickelte sich in Deutschland ein wachsendes Umweltbewusstsein. Breite Bevölkerungsschichten begannen, Natur und Umwelt als schützenswertes Gut wahrzunehmen. Dem trug auch der Gesetzgeber in Deutschland Rechnung, indem er im Jahr 1977 die Ziele des Naturschutzes im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) niederlegte. Als allgemeiner Grundsatz (§ 1 Abs. 1 des neuen BNatSchG) sind diese Ziele seit dem 01. März 2010 bundesweit verbindlich.

§ 1 Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege

(1) Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze so zu schützen, dass
  1. die biologische Vielfalt,
  2. die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie
  3. die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft auf Dauer gesichert sind; der Schutz umfasst auch die Pflege, die Entwicklung und, soweit erforderlich, die Wiederherstellung von Natur und Landschaft (allgemeiner Grundsatz).

Im Jahr 1986 folgte die Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) als Rechtsverordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten. In ihrem Anhang 1 findet sich eine Liste besonders geschützter Arten, darunter zahlreiche Vertreter aus der Ordnung der Käfer (Coleoptera). Eine weitere einschlägige Gesetzgebung liegt mit der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen) vor, welche mit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes 1998 auch in Deutschland rechtsverbindlich wurde. Es existiert also eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen, welchen sich der Coleopterologe bei der Ausübung seiner Tätigkeit gegenüber sieht. Gerade den Hobby-Coleopterologen sind die einschlägigen Regulierungen oft wenig oder gar nicht bekannt. Auf dieser Themenseite sollen die entsprechenden Gesetzeswerke kurz vorgestellt werden, speziell im Hinblick auf Regulierungen, die den (Hobby-) Coleopterologen betreffen.


3.   Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

Hinweistafel Naturschutzgebiet Das Bundesnaturschutzgesetz trat in seiner ersten Fassung am 01. Januar 1977 in Kraft. Das BNatSchG definiert Zielsetzung und Grundlagen von Naturschutz und Landschaftsplanung.


Das BNatSchG ist in elf Kapitel mit insgesamt 74 §§ gegliedert, die Kapitel enthalten bzw. regeln im einzelnen (1) Allgemeine Vorschriften, (2) Landschaftsplanung, (3) Allgemeiner Schutz von Natur und Landschaft, (4) Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft, (5) Schutz der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensstätten und Biotope, (6) Meeresnaturschutz, (7) Erholung in Natur und Landschaft, (8) Mitwirkung von anerkannten Naturschutzvereinigungen, (9) Eigentumsbindung, Befreiungen, (10) Bußgeld- und Strafvorschriften und (11) Übergangs- und Überleitungsvorschrift.

In der Praxis wird der (Hobby-) Coleopterologe insbesondere bei der Entnahme von Belegexemplaren für wissenschaftliche Zwecke mit drei Fragestellungen konfrontiert sein, nämlich

(a)  In welchen Gebieten darf gesammelt werden?
(b)  Welche wild lebenden Käferarten dürfen entnommen werden?
(c)  Welche Ausnahmeregelungen sieht der Gesetzgeber vor?


(a) In welchen Gebieten darf gesammelt werden?

Alteiche in einem Schutzgebiet Das BNatSchG regelt in Kapitel 4 (§§ 20-36) den Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft. § 20 Abs. 2 BNatSchG gibt die Schutzkategorien und teilweise auch die Schutzzwecke verbindlich vor.

§ 23 Naturschutzgebiete

(1) Naturschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist
  1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
  2. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder
  3. wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit
(2) Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, können Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.

In Naturschutzgebieten (NSG) hat somit der Schutz der Natur Vorrang vor allen anderen Interessen. Deshalb ist es in Naturschutzgebieten u. a. auch regelmäßig verboten, Tiere zu fangen oder ihre Entwicklungsformen zu entnehmen. Ähnlich restriktive Regelungen können unter Umständen auch bei anderen Schutzgebietskategorien in den jeweiligen Schutzgebietsvorschriften enthalten sein, z. B. bei Flächennaturdenkmalen (§ 28), Biosphärenreservaten (§ 25), National- (§ 24) oder Naturparken (§ 27). Könnten solche Gebiete vom Sammeln betroffen sein, empfiehlt sich eine vorherige Konsultation der örtlichen Naturschutzbehörde. Denn das Sammeln von Käfern in solchen Schutzgebieten - ohne behördliche Zustimmung bzw. Genehmigung - kann mit einer empfindlichen Geldbuße geahndet werden.

Die meisten Landesumweltämter bieten heute web-gestützte GIS-Tools an, mit denen man sich bequem über den jeweiligen Status eines Gebiets im Internet informieren kann. Die Links zu den Kartenservern der Landesumweltämter finden sich im Abschnitt Weiterführende Literatur.


(b) Welche wild lebenden Käferarten dürfen entnommen werden?

Zahlreiche Käferarten sind bundesweit besonders bzw. zusätzlich streng geschützt und dürfen deshalb überhaupt nicht gesammelt werden. Denn nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, "wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören":

Eichenheldbock Cerambyx cerdo
§ 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten

(1) Es ist verboten,
  1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
  2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
  3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
  4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,
  1. Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote),
  2. Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchstabe b und c
  1. zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern,
  2. zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder sonst zu verwenden
(Vermarktungsverbote).

Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für
  1. Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind,
  2. Tiere und Pflanzen, die durch Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 4 bestimmt sind.
[…]

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen besonders geschützten Arten und zusätzlich streng geschützten Arten. Die Zuordnung in die Kategorien wird durch § 7 Abs. 2 geregelt.

Protaetia aeruginosa
§ 7 Begriffsbestimmungen

[…]

13. besonders geschützte Arten
  1. Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang A oder B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wild lebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1, L 100 vom 17.4.1997, S. 72, L 298 vom 1.11.1997, S. 70, L 113 vom 27.4.2006, S. 26), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 318/2008 (ABl. L 95 vom 8.4.2008, S. 3) geändert worden ist, aufgeführt sind,
  2. nicht unter Buchstabe a fallende
    aa. Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführt sind,
    bb. "europäische Vogelarten",
  3. Tier- und Pflanzenarten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 aufgeführt sind,
14. streng geschützte Arten
besonders geschützte Arten, die
a. in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97,
b. in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG,
c. in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 2 aufgeführt sind

[…]

Eine Käferart kann demnach besonders geschützt sein, weil sie in Anlage 1 Spalte 2 der Bundesartenschutzverordnung mit einem Kreuz (+) aufgeführt ist. Sie kann zusätzlich streng geschützt sein, weil sie in Anlage 1 Spalte 3 der Bundesartenschutzverordnung mit einem Kreuz (+) aufgeführt oder in Anhang IV der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG) enthalten ist (s. hierzu die entsprechenden Kapitel dieser Themenseite). Zu den besonders geschützten Arten zählen u. a. alle heimischen Arten der Gattungen Protaetia, Carabus und Cicindela. Streng geschützte Arten genießen gegenüber besonders geschützten Arten einen noch weitergehenden Schutz, beispielsweise bezüglich Störung (§ 44). Sind bei Straftatbeständen streng geschützte Arten betroffen, so wirkt dies strafverschärfend (§ 71 Abs. 2 und 4). Informationen zum gesetzlichen Schutzstatus von Arten sind im Internet abrufbar, z. B. in der Artenschutzdatenbank WISIA des Bundesamtes für Naturschutz (siehe Weiterführende Literatur).


(c) Welche Ausnahmeregelungen sieht der Gesetzgeber vor?

Ausnahmegenehmigung Ist das Sammeln besonders geschützter Arten beabsichtigt, so bedarf es in jedem Fall einer behördlichen Genehmigung (Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG bzw. Befreiung nach § 67 Abs. 2 BNatSchG).

Eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG kann die zuständige Naturschutzbehörde nur bei Vorliegen aller vier folgender Voraussetzungen zulassen:

  • für Zwecke der Forschung, Lehre, Bildung oder Wiederansiedlung oder diesen Zwecken dienende Maßnahmen der Aufzucht oder künstlichen Vermehrung (oder anderen in § 45 Abs. 7 Satz 1 genannten Gründe)

  • dem Fehlen einer zumutbaren Alternative

  • wenn sich der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Art/en nicht verschlechtert

  • wenn bei Arten des Anhang IV der FFH-Richtlinie mit ungünstigem Erhaltungszustand der Population sich dieser Erhaltungszustand nicht noch weiter verschlechtert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes auch nicht behindert wird


Eine Befreiung nach § 67 Abs. 2 BNatSchG kann von der zuständigen Naturschutzbehörde nur gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde.

Artenschutzrechtliche Genehmigungen müssen bei der nach Landesrecht zuständigen Naturschutzbehörde schriftlich mit Begründung beantragt werden. Gerade für Einsteiger in die Coleopterologie kann die Erlangung einer solchen Genehmigung mitunter eine erhebliche Hürde darstellen. Am einfachsten ist es oft, sich einem etablierten entomologischen Verein in der näheren Umgebung anzuschließen.

Ohne die erforderliche Genehmigung kann das Sammeln besonders geschützter Käferarten mit einer empfindlichen Geldbuße geahndet (§ 69 BNatSchG) oder gar als Straftat verfolgt (§ 71 BNatSchG) werden.

§ 45 Ausnahmen

[…]

(7) Die nach Landesrecht für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden sowie im Fall des Verbringens aus dem Ausland das Bundesamt für Naturschutz können von den Verboten des §$nbsp;44 im Einzelfall weitere Ausnahmen zulassen
  1. zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden,
  2. zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt,
  3. für Zwecke der Forschung, Lehre, Bildung oder Wiederansiedlung oder diesen Zwecken dienende Maßnahmen der Aufzucht oder künstlichen Vermehrung,
  4. im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder
  5. aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art.
Eine Ausnahme darf nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert, soweit nicht Artikel 16 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG weitergehende Anforderungen enthält. Artikel 16 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie 79/409/EWG sind zu beachten. Die Landesregierungen können Ausnahmen auch allgemein durch Rechtsverordnung zulassen. Sie können die Ermächtigung nach Satz 4 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

[…]

§ 67 Befreiungen

[…]

(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.

[…]

§ 69 Bußgeldvorschriften

[…]

(2) Ordnungswidrig handelt, wer
  1. entgegen § 44 Absatz 1 Nummer 1 einem wild lebenden Tier nachstellt, es fängt, verletzt oder tötet oder seine Entwicklungsformen aus der Natur entnimmt, beschädigt oder zerstört,
  2. entgegen § 44 Absatz 1 Nummer 2 ein wild lebendes Tier erheblich stört,
  3. entgegen § 44 Absatz 1 Nummer 3 eine Fortpflanzungs- oder Ruhestätte aus der Natur entnimmt, beschädigt oder zerstört oder
  4. entgegen § 44 Absatz 1 Nummer 4 eine wild lebende Pflanze oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur entnimmt oder sie oder ihren Standort beschädigt oder zerstört.
[…]

§ 71 Strafvorschriften

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine in

1. § 69 Absatz 2 oder
2. § 69 Absatz 3 Nummer 21, Absatz 4 Nummer 1 oder Absatz 5
bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht, die sich auf ein Tier oder eine Pflanze einer streng geschützten Art bezieht.

[…]

(3) Wer in den Fällen der Absätze 1 oder 2 die Tat gewerbs- oder gewohnheitsmäßig begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Erkennt der Täter in den Fällen der Absätze 1 oder 2 fahrlässig nicht, dass sich die Handlung auf ein Tier oder eine Pflanze einer dort genannten Art bezieht, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

In Abhängigkeit von der Methode mit welcher das Sammeln der besonders geschützten Käfer erfolgen soll, kann auch eine Ausnahme vom Verbot des § 4 Abs. 1 BArtSchV erforderlich sein. Für das Fangen von Laufkäfern mittels Barberfallen wird z.B. regelmäßig eine solche Ausnahme nach § 4 Abs. 3 BArtSchV von der zuständigen Naturschutzbehörde benötigt.


4.   Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV)

Die Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) ist eine erstmals 1986 aufgrund des Bundesnaturschutzgesetzes erlassene Rechtsverordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten. Durch die Bundesartenschutzverordnung wird die EU-Artenschutzverordnung (EG) Nr. 338/97 in Deutschland in nationales Recht umgesetzt und teilweise verschärft. Die EU-Artenschutzverordnung wiederum setzt das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) um. Die BArtSchV ist in sechs Abschnitte mit insgesamt 17 §§ gegliedert: (1) Unterschutzstellung, Ausnahmen und Verbote, (2) Teile und Erzeugnisse, Aufzeichnungspflichten, (3) Haltung und Zucht, Anzeigepflichten, (4) Kennzeichnung, (5) Ordnungswidrigkeiten, (6) Ländervorbehalt, Anlagen 1-7. Die §§ 1 und 4 der BArtSchV regeln (mit Anlage 1), welche wild lebenden Tier- und Pflanzenarten einen besonderen gesetzlichen Schutz genießen und welche Handlungen, Verfahren und Geräte verboten sind:

§ 1 Besonders geschützte und streng geschützte Tier- und Pflanzenarten

Die in Anlage 1 Spalte 2 mit einem Kreuz (+) bezeichneten Tier- und Pflanzenarten werden unter besonderen Schutz gestellt. Die in Anlage 1 Spalte 3 mit einem Kreuz (+) bezeichneten Tier- und Pflanzenarten werden unter strengen Schutz gestellt.

§ 4 Verbotene Handlungen, Verfahren und Geräte

(1) Es ist verboten, in folgender Weise wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten und der nicht besonders geschützten Wirbeltierarten, die nicht dem Jagd- oder Fischereirecht unterliegen, nachzustellen, sie anzulocken, zu fangen oder zu töten:
  1. mit Schlingen, Netzen, Fallen, Haken, Leim und sonstigen Klebstoffen,
  2. unter Benutzung von lebenden Tieren als Lockmittel,
  3. mit Armbrüsten,
  4. mit künstlichen Lichtquellen, Spiegeln oder anderen beleuchtenden oder blendenden Vorrichtungen,
  5. mit akustischen, elektrischen oder elektronischen Geräten,
  6. durch Begasen oder Ausräuchern oder unter Verwendung von Giftstoffen, vergifteten oder betäubenden Ködern oder sonstigen betäubenden Mitteln,
  7. mit halbautomatischen oder automatischen Waffen, deren Magazin mehr als zwei Patronen aufnehmen kann, oder unter Verwendung von Visiervorrichtungen für das Schießen bei Nacht mit elektronischen Bildverstärkern oder Bildumwandlern,
  8. unter Verwendung von Sprengstoffen,
  9. aus Kraftfahrzeugen oder Luftfahrzeugen oder
  10. aus Booten mit einer Antriebsgeschwindigkeit von mehr als fünf Kilometer/Stunde.
Satz 1 Nr. 1 gilt, außer beim Vogelfang, für Netze und Fallen nur, wenn mit ihnen Tiere in größeren Mengen oder wahllos gefangen oder getötet werden können. Satz 1 Nr. 6 gilt nur für Tiere der besonders geschützten Arten.

[…]

(3) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann im Einzelfall weitere Ausnahmen von den Verboten des Absatzes 1 zulassen, soweit dies

1. zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger gemeinwirtschaftlicher Schäden,
2. zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt oder
3. für Zwecke der Forschung, Lehre oder Wiederansiedlung oder zur Nachzucht für einen dieser Zwecke

erforderlich ist, der Bestand und die Verbreitung der betreffenden Population oder Art dadurch nicht nachteilig beeinflusst wird und sonstige Belange des Artenschutzes, insbesondere Artikel 9 Abs. 1 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7) und Artikel 16 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates nicht entgegenstehen.


Anlage 1 enthält schließlich in tabellarischer Form die besonders bzw. streng geschützten Tier- und Pflanzenarten. Auf dieser Themenseite sollen ausschließlich die explizit in Anlage 1 genannten Käferarten (Coleoptera) aufgeführt werden:

Besonders geschützte Arten

5.   FFH-Richtlinie 92/43/EWG

Die FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen) ist zusammen mit der Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG Rechtsgrundlage für den Naturschutz in der EU. Die in Europa wild lebenden Pflanzen- und Tierarten sowie die natürlichen Lebensräume sollen geschützt bzw. erhalten werden. Sie ruht auf zwei Säulen: Für bestimmte Arten und Lebensräume sollen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (umgangssprachlich FFH-Gebiete) ausgewiesen werden (Gebietsschutz). Die FFH-Gebiete bilden zusammen mit den Vogelschutzgebieten das Netzwerk Natura 2000. Daneben sind bestimmte wild lebende Tier- und Pflanzenarten flächendeckend besonders geschützt (Artenschutz).

Gebietsschutz
Die Anhänge I und II der FFH-Richtlinie enthalten Lebensraumtypen und Arten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhalt "Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung" ("sites of community interest", SCI) ausgewiesen werden sollen. Von den aufgeführten 231 Lebensraumtypen und rund 900 Arten kommen in Deutschland 91 Lebensraumtypen und 133 Tier- und Pflanzenarten vor, davon 12 Käferarten, unter anderem Bolbelasmus unicornis, Cerambyx cerdo, Cucujus cinnaberinus, Dytiscus latissimus, Graphoderus bilineatus, Limoniscus violaceus, Lucanus cervus, Osmoderma eremita, Phryganophilus ruficollis (alte Meldungen), Rhysodes sulcatus (alte Meldungen), Rosalia alpina und Stephanopachys substriatus. Für diese übernimmt Deutschland eine besondere Verantwortung und hat für ihren Erhalt Natura 2000-Gebiete ausgewiesen.

Artenschutz
Diejenigen Arten, die durch Ausweisung von Schutzgebieten allein nicht effizient geschützt werden können (z. B. synanthrop lebende Arten wie Fledermäuse), werden im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgelistet. Für diese Arten gelten gemäß Artikel 12 FFH-Richtlinie Schutzbestimmungen, unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb von Schutzgebieten auftreten.

Cylindera arenaria
Artikel 12

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet:
  1. alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten;
  2. jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten;
  3. jede absichtliche Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur;
  4. jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten.
(2) Für diese Arten verbieten die Mitgliedstaaten Besitz, Transport, Handel oder Austausch und Angebot zum Verkauf oder Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren; vor Beginn der Anwendbarkeit dieser Richtlinie rechtmäßig entnommene Exemplare sind hiervon ausgenommen.

(3) Die Verbote nach Absatz 1 Buchstaben a) und b) sowie nach Absatz 2 gelten für alle Lebensstadien der Tiere im Sinne dieses Artikels.

(4) Die Mitgliedstaaten führen ein System zur fortlaufenden Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten ein. Anhand der gesammelten Informationen leiten die Mitgliedstaaten diejenigen weiteren Untersuchungs- oder Erhaltungsmaßnahmen ein, die erforderlich sind, um sicherzustellen, daß der unbeabsichtigte Fang oder das unbeabsichtigte Töten keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die betreffenden Arten haben.

Die FFH-Richtlinie stellt kein für die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar geltendes Recht dar. Für den Koleopterologen sollte diese Richtlinie dennoch von Interesse sein, weil auch Käferarten in den Anhängen II und IV aufgeführt sind.

Die nachfolgende Tabelle listet sämtliche in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie enthaltenen Käferarten auf (unabhängig von deren Vorkommen in Deutschland). Ein vor der Artenbezeichnung stehendes "*" bedeutet, dass diese Art eine prioritäre FFH-Art ist.




Zur Bedeutung der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie

  1. Pflicht zur Ausweisung von besonderen Schutzgebieten (FFH-Gebiete)

    Bei den Arten des Anhang II handelt es sich um "Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen" (so genannte FFH-Gebiete).

    Deutschland hat an die Europäische Kommission entsprechende Gebiete gemeldet. Defizite hat die Kommission nicht benannt. Die Listen der bestätigten "Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung" wurden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

    Die Unterschutzstellung dieser Gebiete als "besondere Schutzgebiete" ist wiederum Sache der Bundesländer. In einigen Bundesländern erfolgte dies durch so genannte FFH-Grundverordnungen bzw. FFH-Grundschutzverordnungen.


  2. Überwachungs- und Berichtspflicht (FFH-Monitoring)

    Der Artikel 11 der FFH-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten u.a. dazu, den Erhaltungszustand der Arten der Anhänge II und IV - innerhalb und außerhalb der FFH-Gebiete - zu überwachen. Die prioritären Arten sind dabei besonders zu berücksichtigen.

    Für die Umsetzung des Monitorings sind in Deutschland die Bundesländer zuständig.

    Gemäß Artikel 17 der FFH-Richtlinie muss jeder Mitgliedsstaat alle sechs Jahre einen Bericht zum Stand der Umsetzung der FFH-Richtlinie vorlegen. Dieser Bericht enthält u. a. insbesondere auch Informationen über die Maßnahmen, welche ergriffen wurden, um einen günstigen Erhaltungszustand der Arten des Anhangs II zu gewährleisten und bewertet die Auswirkungen dieser Maßnahmen. Die wichtigsten Ergebnisse der in Artikel 11 genannten Überwachung sind ebenfalls Bestandteil des Berichtes.

    In Deutschland ist das Bundesamt für Naturschutz für die Erarbeitung dieser Berichte zuständig. Nähere Informationen, u. a. auch zum Nationalen Bericht für den Zeitraum 2001 bis 2015, sind beim BfN abrufbar.


  3. Gesetzlicher Schutz

    Für die Arten des Anhang II gelten in Deutschland keine besonderen Artenschutzvorschriften.

    Bei den Arten des Anhang IV handelt es sich - laut FFH-Richtlinie - um "streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse." Deshalb sind in Deutschland auch alle Arten des Anhang IV gemäß § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa des Bundesnaturschutzgesetzes besonders und gemäß § 7 Absatz 2 Nummer 14 Buchstabe b des Bundesnaturschutzgesetzes zudem noch streng geschützt.

    Für die Käferarten des Anhang IV gelten damit bundesweit die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote des § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes.

    Konkret bedeutet dies, dass es verboten ist

    • diesen Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten;
    • Entwicklungsformen dieser Arten, wie z. B. Larven und Puppen, aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören;
    • diese Arten während bestimmter Zeiten (u. a. den Fortpflanzungszeiten) erheblich zu stören;
    • Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dieser Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.

    Ferner ist es verboten, Arten des Anhang IV

    • in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten
    • zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen;
    • zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden.

    Auf Antrag können die zuständigen Behörden von diesen Verboten Ausnahmen zulassen bzw. Befreiungen gewähren. In § 45 des Bundesnaturschutzgesetzes werden aber auch zahlreiche per Gesetz geltende Ausnahmen schon aufgeführt. Wichtig ist es zu wissen, dass der Besitzer eines lebenden oder toten Käfers des Anhang IV der Behörde gegenüber den artenschutzrechtlich rechtmäßigen (legalen) Besitz nachzuweisen hat (§ 46 des Bundesnaturschutzgesetzes).

    Verstöße gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote, welche Arten des Anhang IV betreffen, können seit 13. Juni 2012 mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro oder Freiheitsstrafe mit bis zu 5 Jahren bestraft werden (§§ 69, 71, 71a des Bundesnaturschutzgesetzes).


  4. Schäden an bestimmten Arten und natürlichen Lebensräumen (Biodiversitätsschaden)

    Nach § 2 Nummer 1 a) des Umweltschadensgesetzes ist ein Umweltschaden, eine Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen nach Maßgabe des § 19 des Bundesnaturschutzgesetzes. Ein Umweltschaden ist demnach jeder Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustandes

    • der Käferarten des Anhang II sowie deren Lebensräume;
    • der Käferarten des Anhang IV sowie deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten

    hat (und dies gilt innerhalb und außerhalb von FFH-Gebieten).

    Ob Auswirkungen erheblich sind, muss mit Bezug auf den Ausgangszustand unter Berücksichtigung der Kriterien des Anhang I der EG-Umwelthaftungsrichtlinie (Richtlinie 2004/35/EG) ermittelt werden. Eine erhebliche Schädigung liegt dabei in der Regel nicht vor bei

    1. nachteiligen Abweichungen, die geringer sind als die natürlichen Fluktuationen, die für den betreffenden Lebensraum oder die betreffende Art als normal gelten,

    2. nachteiligen Abweichungen, die auf natürliche Ursachen zurückzuführen sind oder aber auf eine äußere Einwirkung im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der betreffenden Gebiete, die den Aufzeichnungen über den Lebensraum oder den Dokumenten über die Erhaltungsziele zufolge als normal anzusehen ist oder der früheren Bewirtschaftungsweise der jeweiligen Eigentümer oder Betreiber entspricht,

    3. einer Schädigung von Arten oder Lebensräumen, die sich nachweislich ohne äußere Einwirkung in kurzer Zeit so weit regenerieren werden, dass entweder der Ausgangszustand erreicht wird oder aber allein auf Grund der Dynamik der betreffenden Art oder des Lebensraums ein Zustand erreicht wird, der im Vergleich zum Ausgangszustand als gleichwertig oder besser zu bewerten ist.

    Das Umweltschadensgesetz betrachtet jedoch erhebliche und nachteilige Beeinträchtigungen nur dann als Umweltschaden, wenn diese durch berufliche Tätigkeiten verursacht wurden.

    Keine Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen liegt zudem gemäß § 19 Absatz 1 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes vor, wenn zuvor nachteilige Auswirkungen von der zuständigen Behörde ermittelt und genehmigt bzw. zugelassen worden sind im Rahmen:

    • von Projektgenehmigungen mit Verträglichkeitsprüfungen gemäß § 34 des Bundesnaturschutzgesetzes;
    • artenschutzrechtlichen Ausnahmen gemäß § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes;
    • artenschutzrechtlichen Befreiungen gemäß § 67 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes;
    • der Eingriffsregelung gemäß § 15 des Bundesnaturschutzgesetzes;
    • der Aufstellung von Bebauungsplänen nach § 30 oder § 33 des Baugesetzbuches.

    Mit der Ermittlung und Bewertung von Auswirkungen im Rahmen der vorgenannten Genehmigungen bzw. Zulassungen erfolgt die Haftungsfreistellung (Enthaftung).

    In den §§ 4 bis 6 des Umweltschadensgesetzes werden die Pflichten des Verantwortlichen bei einem drohenden bzw. eingetretenen Umweltschaden bestimmt.

    Besteht die unmittelbare Gefahr eines Umweltschadens, hat der Verantwortliche:

    • die zuständige Behörde unverzüglich über alle bedeutsamen Aspekte des Sachverhalts zu unterrichten (Informationspflicht);
    • unverzüglich die erforderlichen Vermeidungsmaßnahmen zu ergreifen (Gefahrenabwehrpflicht).

    Ist ein Umweltschaden bereits eingetreten, hat der Verantwortliche:

    • die zuständige Behörde unverzüglich über alle bedeutsamen Aspekte des Sachverhalts zu unterrichten (Informationspflicht);
    • die erforderlichen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und zur Sanierung vorzunehmen (Sanierungspflicht).

    Die Kosten der Vermeidungs- und Sanierungsmaßnahmen trägt der Verantwortliche.

    Gemäß § 10 des Umweltschadensgesetzes wird die zuständige Behörde tätig, wenn sie Kenntnis von einem möglichen Umweltschaden erlangt hat, z. B. durch die Information des Verantwortlichen. Ein Betroffener oder eine im Sinne des § 3 Absatz des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes anerkannte Vereinigung (Umweltverband) kann das Tätigwerden der zuständigen Behörde jedoch auch beantragen. Der Antrag muss Tatsachen enthalten, welche den Eintritt eines Umweltschadens glaubhaft erscheinen lassen.
Fazit: Der Kenntnis des Vorkommens und des aktuellen Zustandes der Populationen von Arten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie kommt eine besondere Bedeutung zu.


6.   Käfer in der Genehmigungs-/Planungspraxis

Osmoderma eremita

Spätestens seit "Stuttgart 21" und der Diskussion um den Eremiten (Osmoderma eremita) dürfte allgemein bekannt sein, dass auch das Vorkommen von bestimmten Käferarten bei der Genehmigung von Vorhaben mit zu berücksichtigen ist.

Die rechtliche Auseinandersetzung mit geschützten Arten erfolgt dabei in Abhängigkeit von deren Schutzstatus.

Die europarechtlich besonders geschützten Käferarten (= Arten des Anhang IV der FFH-Richtlinie) sind üblicherweise Gegenstand eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages (AFB) bzw. einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP). Ein solches Gutachten wird erstellt, wenn bei einem Vorhaben bzw. einem Plan die Möglichkeit besteht, dass durch die Realisierung die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG - bei Arten des Anhang IV der FFH-Richtlinie (bzw. bei europäischen Vogelarten) - betroffen sind. Die zu prüfenden Sachverhalte bzw. die für eine Entscheidung regelmäßig benötigten Angaben (Bestandssituation, Erhaltungszustand usw.) können der beigefügten PDF Symbol Prüfliste bzw. dem Beispiel PDF Symbol Eremit in Leipzig entnommen werden.

Die "nur" national besonders geschützten Arten sind hingegen nicht im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag oder einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, sondern im Rahmen der Eingriffsregelung in einem Grünordnungsplan (GOP) für einen Bebauungsplan bzw. in einem Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) zu betrachten. Von Bedeutung ist, dass für diese "nur" national besonders geschützten Arten eine Freistellung von den artenschutzrechtlichen Verboten durch § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG z.B. nur gilt, wenn eingriffsrelevante Beeinträchtigungen nachweislich nicht vermieden bzw. unvermeidbare Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei jenen besonders geschützten Arten gewidmet werden, welche zudem noch streng geschützt (aber nicht in Anhang IV der FFH-Richtlinie enthalten) sind. Eine intensive Auseinandersetzung mit diesen letztgenannten Arten ist - bis zum Vorliegen einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG – nämlich deshalb geboten, weil vermutlich insbesondere auch aus dem Pool dieser "nur" national streng geschützten Arten die "nationalen Verantwortungsarten" benannt werden.

Vor dem Hintergrund eines möglichen Umweltschadens empfiehlt es sich in einem Grünordnungsplan bzw. Landschaftspflegerischen Plan immer auch die Arten explizit mit zu betrachten, welche nicht besonders geschützt, aber in Anhang II der FFH-Richtlinie enthalten sind (Stichwort: Enthaftung).

§ 44 Abs. 5 BNatSchG

Für nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässig sind, gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nummer 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch gegen das Verbot des Absatzes 1 Nummer 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

§ 54 Abs. 1 BNatSchG

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmte, nicht unter § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe a oder Buchstabe b fallende Tier- und Pflanzenarten oder Populationen solcher Arten unter besonderen Schutz zu stellen, soweit es sich um natürlich vorkommende Arten handelt, die
  1. im Inland durch den menschlichen Zugriff in ihrem Bestand gefährdet sind, oder soweit es sich um Arten handelt, die mit solchen gefährdeten Arten oder mit Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b verwechselt werden können, oder
  2. in ihrem Bestand gefährdet sind und für die die Bundesrepublik Deutschland in hohem Maße verantwortlich ist.

7.   Weiterführende Literatur

  1. Text des Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  2. Text der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV)
  3. Text der FFH-Richtlinie 92/43/EWG (deutsch, pdf)
  4. Kartenserver der Landesumweltämter:
    Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen
  5. Bundesamt für Naturschutz - WISIA (Wissenschaftliches Informationssystem zum Internationalen Artenschutz)