Äußerer Körperbau der Käfer


Text © Christoph Benisch, 2007




1.  Grundschema des äußeren Körperbaus

Der Körperbau der Käfer folgt einem recht einheitlichen Schema. Die links stehende Abbildung zeigt den Grundaufbau eines Käfers (am Beispiel Carabus auratus, Dorsalansicht). Typisch für Käfer sind die hartschaligen Flügeldecken (Elytren), die der Ordnung den wissenschaftlichen Namen Coleoptera ("Schalenflügler") gegeben haben.

Wie bei allen Insekten gliedert sich der Körper der Käfer in drei Hauptabschnitte: Kopf (Caput), Brust (Thorax) und Hinterleib (Abdomen). Der Kopf trägt als Sinnesorgane die Augen (Oculi), Fühler (Antennae) und die Mundwerkzeuge. An den Kopf schließt der Halsschild (Pronotum) an. Die Mitte des Halsschilds wird auch als "Scheibe" (Dorsum) bezeichnet. An der Basis des Halsschilds, meist eingeschoben zwischen die Naht der Flügeldecken befindet sich das Schildchen (Scutellum). Der Hinterleib (Abdomen) wird in der Dorsalansicht von den Elytren abgedeckt, die oft eine charakteristische Skulptur aufweisen, die bei der Bestimmung meist ein wichtiges Merkmal ist.

In der Ventralansicht ist zu erkennen, dass die Brust aus drei Segmenten besteht: Der Vorder-, Mittel- und Hinterbrust (Prothorax, Mesothorax und Metathorax). Die Vorderbrust ist immer deutlich abgesetzt und trägt das Vorderbeinpaar. Die Gelenke sind von der Brust durch eine Längsnaht, die sog. Episternen getrennt. Den Teil der Brust, der sich hinter den Gelenkhöhlen befindet, nennt man Epimeren. Der Vorderbrust folgt die Mittelbrust, an deren hinterem Rand das Mittelbeinpaar ansetzt. An die Mittelbrust schließt sich die Hinterbrust an, an derem hinteren Rand die Hinterhüften (Coxa) anschließen, die das Hinterbeinpaar tragen.

Der Hinterleib (Abdomen) ist das 3. Hauptsegment des Käferkörpers. Die Oberseite ist von den Flügeldecken bedeckt, die Unterseite bildet den Bauch. Das Abdomen besteht aus 8-9 Segmenten. Die Rückensegmente werden Tergite genannt, die Bauchsegmente Sternite. Die Segmente sind meist stärker chitinisiert und beweglich miteinander verbunden (der Hinterleib ist flexibler als die anderen beiden Hauptsegmente Kopf und Brust). Das letzte Tergit ist oft stärker entwickelt und von oben zu sehen, es wird Pygidium genannt. Das letzte Sternit wird auch als Afterspange (Analsternit) bezeichnet. An den Seiten der vorderen Tergite befinden sich Luftlöcher (Stigmen), durch die Luft zum Atmungssystem im Inneren zutreten kann.

Trotz des allgemein gültigen Bauplans unterscheiden sich die Käfer in ihrer äußeren Erscheinung teilweise beträchtlich. Schon in der Körpergröße treten deutliche Unterscheide zutage: Während die kleinsten mitteleuropäischen Arten Körperlängen von 1-2 mm erreichen (z.B. in den Familien Ameisenkäfer (Scydmaenidae), Schwammkugelkäfer (Leiodidae), u.a.), kann es der imposanteste mitteleuropäischer Käfer, der Hirschkäfer (Lucanus cervus), auf bis zu 8 cm, in Ausnahmefällen bis auf  9 cm Körperlänge bringen.

2.   Kopf und Mundwerkzeuge

Der Kopf ist mit der Brust durch einen meist schmalen Hals beweglich verbunden und trägt die Sinnesorgane Augen (Oculi), Fühler (Antennae) und die Mundwerkzeuge. Die Seiten des Kopfes vor den Augen nennt man Wangen (Gena), die Teile, die sich hinter den Augen befinden Schläfen (Tempus). Die Oberseite des Kopfes zwischen den Augen wird als Stirn (Frons), der dahinter in Richtung Halsschild weisende Teil als Scheitel (Vertex) bezeichnet.

Der vordere Teil des Kopfes ist meist durch eine Querfurche vor den Augen vom hinteren Teil des Kopfes abgetrennt und heißt Kopfschild (Clypeus). An ihn schließt sich die Oberlippe (Labrum) an, die bei manchen Arten vom Kopfschild verdeckt wird. Am Vorderrand des Kopfes befinden sich die Mundwerkzeuge, die aus mehreren Gliedern zusammengesetzt sind. Die Oberkiefer (Mandibeln) dienen bei Pflanzenfressern zum Zerkleinern der Nahrung, bei Räubern sind sie meist spitz und scharf und dienen zum Ergreifen und Halten der Beute. Bei manchen Arten sind sie zur Nahrungsaufnahme nicht mehr funktionstüchtig, so z.B. beim Hirschkäfer-Männchen (Lucanus cervus), wo sie zu geweihartigen Zangen umgebildet sind, die bei Rivalenkämpfen eingesetzt werden. An der Unterseite des Kopfes befinden sich die Unterkiefer (Maxillen). Die seitlichen daran befindlichen Tastorgane werden als Kiefertaster (Palpus maxillaris) genannt. Sie bestehen aus mehreren Teilen und sind meist auch von oben deutlich sichtbar. Nach unten werden die Mundwerkzeuge durch die Unterlippe (Labium) abgeschlossen. Auch diese trägt mehrgliedrige Tastorgane, die als Lippentaster (Palpus labialis) bezeichnet werden.



3.   Fühler

Die Fühler der Käfer sind vielgestaltig und für die Systematik und Bestimmung sehr wichtig. Sie sind leicht beweglich und dienen nicht nur als Tastorgane, sondern sind auch der Sitz des Geruchsinns. Sie bestehen meist aus 11 Gliedern. Ist ihr 1. Glied, der Schaft (Scapus), länger und die folgenden Glieder abgeknickt, spricht man von geknieten Fühlern (geniculate). Je nach Ausprägung der Fühlerglieder unterscheidet man fadenförmige (filiform [A]), gekeulte (clavate [B], capitate [C]), gesägte (serrate [D]), gekämmte (pectinate [E]), gekniete (geniculate [F] und fächerförmige (lamellate [G]) Fühler.

Fühlertypen

Die verschiedenen Fühlertypen können wichtige Hinweise bei der Bestimmung eines Käfers geben. Laufkäfer (Carabidae) haben meist filiforme Fühler (Typ A), gekniete Fühler (Typ F) findet man z.B. bei Schrötern (Lucanidae), aber auch bei den mit den Lucanidae nicht nahe vewandten Rüsselkäfern (Curculionidae). Die Schnellkäfer (Elateridae) können gesägte (Typ D) oder gekämmte Fühler (Typ E) haben. Fächerförmige Fühler (Typ G) sind vor allem für Blatthornkäfer (Scarabaeidae) charakteristisch.

4.   Flügeldecken und Flügel

Die Flügeldecken (Elytren) sind das umgebildete 1. Flügelpaar, das nicht mehr zum Fliegen benutzt wird, sondern als Schutz für das empfindliche 2. Flügelpaar (Alae) dient, welches sie im Ruhezustand abdecken. Meist bedecken die Elytren den gesamten Hinterleib, sie können aber auch verkürzt sein, so dass ein Teil des Hinterleibs zu sehen ist (z.B. bei den Kurzflüglern (Staphylinidae), Zipfelkäfern (Malachidae) u.a.). Die beiden Flügeldecken berühren einander an der sog. Flügeldeckennaht (Sutura). Längs der Naht befindet sich meist eine Längslinie, die als Nahtstreifen (Stria suturalis) bezeichnet wird. Bei manchen Arten sind die Flügeldecken auch miteinander verwachsen und bilden einen geschlossenen Panzer. Hier fehlen oft die Hautflügel, die Käfer sind nicht mehr flugfähig (z.B. manche Laufkäfer).

Die Flügeldecken zeigen oft eine charakteristische Struktur, die als Überrest der Nervatur der membranösen Flügel gedeutet wird, aus denen sie entwicklungsgeschichtlich hervorgegangen sind. Sie können auch Borsten, Haare oder Schuppen tragen und sind für Bestimmungen ein wichtiges Merkmal. Die folgenden Abbildungen zeigen die charakteristischen Flügeldecken-Skulpturen der nahe verwandten Laufkäfer Carabus violaceus, C. purpurascens, C. problematicus und C. intricatus, anhand derer sich die 4 Arten gut unterscheiden lassen:


Die Alae befinden sich im Ruhezustand gefaltet unter den Flügeldecken. Zum Fliegen werden die Elytren geöffnet, abgespreizt und die darunter liegenden, membranösen Alae entfaltet. Nach dem Flug werden die Flügel unter die Flügeldecken eingezogen (in der Bilderserie unten am Rehschröter Platycerus caraboides gezeigt). Bei wenigen Gattungen ragen sie dagegen im Ruhezustand ungefaltet über die Flügeldecken hinaus.


Die Alae bestehen aus der Flügelmembran, die durch Flügeladern stabilisiert wird. Die Längsadern münden in die Flügeltrachee und versorgen die Flügel mit Blut (Hämolymphe). Sie enthalten außerdem Nervenbahnen und Tracheen. Die Queradern dagegen sind reine Verstrebungen, die nur zur Erhöhung der Stabilität der Flügelmembran dienen.

Alae Für Bestimmungen innerhalb einiger Insekten-Ordnungen, wie z.B. den Hautflüglern (Hymenoptera) oder Zweiflüglern (Diptera) wird regelmäßig die Flügeläderung herangezogen. Zur Bestimmung der Käfer spielt sie dagegen eine eher untergeordnete Rolle. Dennoch soll hier das Grundprinzip eines Käferflügels und die Benennung der Äderung kurz vorgestellt werden: Die Costal-Ader (C) ist die vorderste Längsader und verläuft meist am vorderen Flügelrand. Sie ist unverzweigt. Darunter liegt die Subcosta (Sc), die in den Flügelrand mündet. Die folgenden Längsadern, Radius (R), Media (M), Cubitus (Cu) und Analis (A) sind meist mehrfach verzweigt. Zusammen mit den Queradern können Segmente umschrieben werden, die als Zelle bezeichnet werden. Sind sie an allen Seiten von Adern umgeben, nennt man sie geschlossene Zelle, münden sie in den Flügelrand, dagegen offene Zelle.

5.   Beine

Käfer verfügen über drei Beinpaare, von denen jeweils ein Beinpaar an Vorder-, Mittel- und Hinterbrust verankert ist. Ein Bein ist gegliedert in Hüfte (Coxa), Schenkel (Femur), Schiene (Tibia) und Fuss (Tarsus). Die Coxen sind Gelenke, die sich direkt in den Gelenkhöhlen am entsprechenden Brustabschnitt befinden, und - ähnlich einem Kugellager - Bewegungen in verschiedene Richtungen ermöglichen. An der Hüfte befindet sich der Schenkel (Femur), der an der Basis einen Anhang, den Schenkelring (Trochanter), trägt. An den Schenkel schließen sich die Schienen an, die schließlich in die Tarsen münden. Bei den Käfern findet man in den meisten Fällen 2-5 Tarsenglieder. Sie können verbreitert und mit Hafthaaren versehen sein (vor allem bei den Männchen, z.B. bei den großen Laufkäferarten).

Die Beine dienen zur Fortbewegung und können spezielle Anpassungen an die Lebensumstände aufweisen. Räuberisch lebende, landbewohnende Arten weisen häufig Laufbeine auf. Sie dienen zum schnellen Verfolgen von Beutetieren. Beispiele hierfür sind die Laufkäfer (Carabidae). Bei den Mistkäfern hingegen, die Dung für Ihren Nachwuchs im Boden vergraben, sind die Beine an diese spezielle Lebensweise angepaßt und mit breiten, abgeflachten Schienen als Grabbeine ausgebildet. Bei Arten, die im Wasser leben, z.B. den Schwimmkäfern (Dytiscidae), sind die Beine zum Schwimmen umgeformt: Das Hinterbeinpaar weist lange, verbreiterte und behaarte Tarsen auf, die als "Ruder" verwendet werden. Die Klaue (Unguiculus) ist oft nur schwach ausgeprägt. Schließlich können die Hinterbeine auch als Sprungbeine fungieren. Dabei sind die Schenkel auffällig verdickt. Die meist kleinen Arten, z.B. Halticinen, können damit - gemessen an ihrer Körperlänge - sehr weite Sprünge machen.